Nuckeln abgewöhnen? – wartet nicht zu lange!

Wenn Beruhigung zur Belastung wird

Das Nuckeln am Schnuller, der Flasche oder am Daumen ist für viele Babys und Kleinkinder eine echte Wohltat. Es beruhigt, spendet Trost und hilft beim Einschlafen. Doch was in den ersten Lebensmonaten vielleicht sinnvoll ist, kann später problematisch werden – für Zähne, Kiefer und die Entwicklung der Mund-und Gesichtsmuskulatur, die deutliche Aussprache und die Atmung.

Warum Nuckeln so beruhigend ist?

Kinder haben ein starkes Saugbedürfnis. Schon im Mutterleib nuckeln viele Babys am Daumen. Dieses Verhalten ist Teil der sogenannten oralen Phase – in dieser Entwicklungszeit (etwa bis zum Ende des 2. Lebensjahres) erforschen Kinder ihre Welt mit dem Mund. Alles wird hineingesteckt: Finger, Spielzeug, Tücher. Das ist völlig normal, wichtig für die Entwicklung – und sollte nicht verboten werden.

Das Saugen beruhigt, strukturiert und trainiert in den ersten Monaten sogar die Muskulatur. Problematisch wird es erst, wenn das Nuckeln zu lange anhält.

    Wo das Nuckeln zum Problem wird

    Bleibt das Nuckeln über das 2.–3. Lebensjahr hinaus bestehen, kann es zu gesundheitlichen Folgen kommen:

    • Zahnfehlstellungen: Dauerhafter Druck durch Schnuller oder Daumen begünstigt offenen Biss oder Kreuzbiss.
    • Offener Mund: Mundatmung statt Nasenatmung wird zur Gewohnheit – mit Folgen für Gesundheit und Aussprache.
    • Schwache Muskulatur: Lippen und Zunge bleiben untrainiert und ungeübt und entwickeln nicht ausreichend Kraft, fürs Kauen, Schlucken und Sprechen.

    Und genau hier schließt sich der Kreis zum Thema myofunktionelle Störungen, über das ich im letzten Blogartikel geschrieben habe: Wenn die Muskeln im Mund-und Gesichtsbereich nicht genügend gefordert und trainiert werden – sei es durch langes Nuckeln oder durch überwiegend weiche Kost – kann das zu einer schwachen Muskulatur führen. Die Folgen sind oft: offener Mund, Lispeln, falsches Schlucken und Zahnfehlstellungen.

      Schnuller vs. Daumen – wo der Unterschied liegt

      Den Schnuller kann man einfacher in der Nutzung begrenzen und irgendwann konsequent „wegnehmen“. Mit klaren Absprachen und kleinen Ritualen gelingt das meist recht gut.

      Das Daumenlutschen ist oft deutlich schwieriger zu beenden: Der Daumen ist immer „griffbereit“ und lässt sich nicht einfach abgewöhnen. Hier hilft oft:

      • Bewusstmachen („Der Daumen gehört nicht in den Mund, du bist schon groß.“)
      • Ersatz anbieten (Stressbälle, Kuscheltier, Einschlafrituale)
      • Positive Verstärkung (Lob, kleine Belohnungssysteme)

      Bei älteren Kindern: Spielerische Hilfen wie Pflaster oder spezielle „Stop-Lacke“ – aber nur in Absprache zwischen Kind und Eltern, nicht als Strafe.

      Tipps zum Abgewöhnen – Schritt für Schritt

        1. Den richtigen Zeitpunkt wählen – ruhige Lebensphase nutzen.
        2. Begrenzen statt verbieten – Schnuller z. B. nur noch zum Schlafen.
        3. Kind aktiv einbeziehen – Schnullerfee oder Abschiedsrituale wirken Wunder.
        4. Geduld haben – Rückfälle sind normal.

      Mein Fazit als Logopädin

      Nuckeln gehört zur frühen Entwicklung dazu – aber zu langes Nuckeln belastet Zähne, Kiefer und Sprache. Je früher Eltern sanft eingreifen, desto leichter gelingt der Abschied.

      Und: In Kombination mit zu wenig Kau-Training“ durch feste Nahrung, statt Brei & Co., schwächt langes Nuckeln die Muskulatur noch mehr – mit all den Folgen, die wir unter myofunktionellen Störungen kennen.

      Wer mehr dazu lesen möchte: Im letzten Blogartikel erkläre ich, warum harte Kost wie Karotten oder Apfelstücke ein wahres Fitnessstudio für Lippen und Zunge sind – und wie sie helfen, Muskeln stark zu machen. Hier geht’s zum Artikel über myofunktionelle Störungen.

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